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Portrait: Sophie Welke, Architektin in Remscheid

10. Dezember 2018

Wenn man Sophie Welke in ihrem Büro in der historischen Feilenschmiede am Rand von Remscheid besucht, stellen sich sofort Urlaubsgefühle ein: rundherum ist es grün, waldig, in allen Richtungen schöne Aussichten. Die alte Schmiede wurde mit großer Sorgfalt saniert und ist seit acht Jahren Arbeitsplatz für vier bis fünf Menschen, der Firmensitz von Welke Architekten. Privat lebt Welke mit ihrem Mann und den beiden Kindern in der romantischen Altstadt von Remscheid-Lennep, dort hat sie die Aussicht auf die Stadtkirche. Aussichten sind ihr wichtig, sagt sie.

Sophie Welke, Architektin BDA

„In Lennep zu wohnen ist schön, und es ist sehr praktisch, alles ist fußläufig zu erreichen, Schule, Kindergarten, Geschäfte, deswegen wohnen wir dort.  In der alten Feilenschmiede arbeiten wir, aber dort wird auch gefeiert. Der alte Ofen der  Schmiede wird gelegentlich befeuert, um den Kamin durchzuheizen, dann gibt es Pizza für alle.“

Sophie Welke wurde in Wuppertal geboren, im Alter von drei Jahren zog die Familie nach Trier. Ursprünglich wollte sie nach dem Abitur Raum- und Umweltplanung studieren, doch sie entschied sich, erst einmal eine Lehre als Bauzeichnerin zu machen. In Boppard arbeitete sie danach bei der Planungsgruppe 4. Dort entstand auch der Wunsch, Architektur zu studieren. Während der Studienzeit lernte sie als studentische Mitarbeiterin CAD bei verschiedenen Architekten in Köln, ihr Studienschwerpunkt war „Organisation des Bauens“ mit den Themenfeldern Planungsmanagement, Baukostenmanagement und Wertermittlung. Mit ihrem Abschluss in der Tasche ging sie ins Architekturbüro List, Preusch und Keppler. Dort hatte sie das Glück, an alle Tätigkeiten herangeführt zu werden, die für den Sprung in die Selbstständigkeit notwendig waren.

Welke Architekten
Welke Architekten
Schmiede Baisiepen innen, Büro Welke Architekten

Ihren Mann Christof lernte Welke während des Studiums kennen. Er hatte schon immer eine Affinität für das Handwerkliche und war einmal kurz davor, das Architekturstudium abzubrechen, weil ihm das Eigentliche, das Konkrete fehlte. Dann wechselte er den Schwerpunkt und setze noch mal ein Zusatzstudium obenauf: Baudenkmalpflege wurde sein Herzensfach. Durch ihn ist Sophie Welke den Weg denkmalpflegerischer Projekte mitgegangen. Als sie schwanger wurde, sind sie nach Remscheid, seinem Heimatort gezogen.

Welke Architekten
Welke Architekten
Feilenschmiede Baisiepen früher und heute

Während der Suche nach einer geeigneten Wohnung fiel ihnen das Objekt „Alte Feilenschmiede“ auf. In das haben sie sich verguckt – trotz erheblicher Baumängel. Das Objekt stand zwar unter Denkmalschutz, sollte aber wegen des schlechten Zustands fast zum Abriss freigegeben werden. Nach fast zwei Jahren Kaufverhandlung wurde man sich einig, Welke und Welke kauften die Schmiede. Die Sanierung und Restaurierung des Objekts dauerte fünf Jahre, es wurde etliches in Eigenleistung und Handarbeit umgesetzt, immer wenn Zeit dafür übrig war. Viel von dem Ursprünglichen wurde erhalten, mit Liebe zum Detail Instand gesetzt. 2010 erhielt das Objekt den Rheinischen Preis für Denkmalpflege.

Sanierung bedeutet, ein altes Gebäude hinsichtlich Elektro, Heizung, Sanitäranlagen und eventuell Dämmung auf den Stand von heute zu bringen. Je nach Haustyp geschieht Dämmung teils von innen, teils von außen.

„Fachwerk wird von uns immer innen gedämmt und ausschließlich mit Lehm- und Holzfasern, also kapillaraktives Material, das den Feuchtigkeitsausgleich schafft.“  Auch die Fenster und das mögliche Rahmenmaterial sind wesentlich dafür, wie das Objekt nach Abschluss der Maßnahme wirkt. „Am besten ist es gelungen, wenn man nicht merkt, dass saniert wurde.“

Sehr viele Gedanken fließen bei der Arbeit mit denkmalgeschützten Bauten da hinein, diese Technik, die vorher nicht da war, zu verstecken. „Bei unseren Objekten ist zum Beispiel immer so, dass wir mit Fußbodenheizungen beziehungsweise Wandheizungen arbeiten. Ganz exzessiv wird diese Arbeit betrieben bei der Sanierung von Schloss Burg an der Wupper.“

Bei Schloss Burg, einem Großprojekt von Welke Architekten ist der Schwerpunkt Restaurierung. Da ist Innenarchitektur gefragt – Fluchttüren, Beleuchtung, Teeküche, Treppen. Die notwendigen Materialkenntnisse für die Rekonstruktion von Details und die Information, wo man Material und die Handwerker herbekommt, die damit umgehen können, lernt man nicht im Studium. „Man eignet sie sich an, wenn das Objekt kommt. Mein Mann hat natürlich Kenntnisse aufgrund seines Studienschwerpunktes und Aufbaustudienganges. Erster Ansprechpartner gerade für die Bauherren ist die Untere Denkmalbehörde. Man arbeitet mit Restauratoren zusammen, lernt Handwerker kennen, findet Materialquellen. Für die Restaurierung von Mauerfugen an Schloss Burg gibt es aktuell die Expertise einer Spezialistin für Stein und Mörtel. Man arbeitet immer in einem Team und nie allein.“

Welke Architekten
Welke Architekten
Geburtshaus Conrad Röntgen, Remscheid-Lennep

Während es bei einer Restaurierung um die die Wiederherstellung der Sache selbst geht, ist das Thema einer Revitalisierung die neue Nutzung. Manchmal gehen die Dinge aber auch zusammen.

„Aktuell befassen wir uns mit dem Geburtshaus von Wilhelm Conrad Röntgen in Remscheid-Lennep. Das Museum, das dort entstehen wird, braucht zum Beispiel eine Alarmanlage und Heizung. Auch dort ist die Unsichtbarkeit von Technik wieder ein Thema. Es bedarf sicher auch einiger Kunstgriffe für den geplanten Wintergartenanbau, dass es passt und aussieht und dass man das Neue nicht als Störung wahrnimmt.“

Anbauten an alte Häuser sind häufig die baulichen Elemente, die sehr modern sind. Es darf ruhig anders sein, aber muss ein harmonisches Ganzes ergeben. Beispiele aus dem Portfolio von Sophie Welke sind der rote Anbau am Edelstahlwerk, dessen Eternitplatten schön gealtert sind und der Anbau der Saunahäuser an die alte Zangenfabrik.

Welke Architekten
Welke Architekten
Grimm Edelstahlwerk
Welke Architekten
Welke Architekten
Grimm Edelstahlwerk, Detail

Das Credo von Welke Architekten: Historische Substanz erhalten und mit modernen Accessoires ergänzen. Aber: „Bei unserem Objekt Feilenschmiede lag die Genehmigung für einen Anbau schon lange vor, aber irgendwie haben wir festgestellt, dass das gar nicht passt. Daher haben wir keinen Anbau, obwohl es schön wäre, mehr Platz zu haben. Es gibt Gebäude, die vertragen Anbauten, andere nicht. Wenn man zu dem Schluss kommt, dass ein Anbau nicht aussieht, dann muss man sich von diesem Plan verabschieden.“

Welke Architekten
Welke Architekten
Voigt Langenhaus, ehem. Zangenfabrik
Welke Architekten
Welke Architekten
Voigt Langenhaus, innen

Generell sieht sich Sophie Welke mit dem, was und wie sie es macht, eher in der Tradition der Baumeister: Planen, organisieren und künstlerische und handwerkliche Projektleitung. Festgelegt auf eine bestimmte Epoche ist Welke nicht. „Qualitätsvolle Bauten aus den 60er und 70er Jahren können sehr attraktive Projekte sein und Spaß machen. Am Beginn steht die Suche nach dem Ursprung des Bauwerks und nach Details aus der Zeit, in der das Gebäude entstanden ist.“

„Es ist immer schön, wenn man sieht, dass die Handwerker sich etwas gedacht haben. Manchmal beginnt die Sanierung mit einem radikalen Rückbau und später einer Rekonstruktion der Zeitschiene, die man darstellen will.“

„Rückbau heißt zum Beispiel bei einen nicht-denkmalgeschützten Fachwerkhaus, das Entfernen des PVC-Bodens, der auf einem Steinboden lag. Das Entfernen von Gipskarton über altem Fachwerk, das Tauschen von Kunststoff-Fenstern gegen Holzfenster und ähnliches.“

Äußerlichkeiten sind Sophie Welke nicht wichtig, so sucht man vergebens nach den großen Infotafeln auf ihren Baustellen. Aber es freut sie ungemein, dass die neugestaltete Mensa des Röntgen-Gymnasiums in Remscheid beliebt ist und im Ranking von Schülern und Besuchern ganz oben steht.

Text: Monika Medam