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Nachruf: Zum Tod von Erwin H. Zander

17. Januar 2023

Christian Wendling
Christian Wendling

Prof. Erwin H. Zander, Architekt BDA, ist am 29. Dezember 2022 im Alter von 93 Jahren gestorben. Sein langes Leben war geprägt von einem unermüdlichen Einsatz für hohe Qualität in Architektur und Stadtplanung sowie Planungs- und Baukultur in seiner Heimatstadt Köln. Stets maßgeblich für ihn waren dabei der Dialog aller Beteiligten und das Arbeiten im Team, sei es als Architekt, als Hochschullehrer oder als engagiertes Mitglied von Vereinen und bürgerschaftlichen Initiativen.

Nach dem Architekturstudium an der RWTH Aachen machte er sich 1956 im Alter von nur 27 Jahren mit seinem eigenen Architekturbüro in Köln selbstständig. Schnell bekam er Aufträge, unter anderem für das Wohn- und Atelierhaus des bildenden Künstlers Ernst Wilhelm Nay in Köln-Lindenthal. Dieses viel beachtete Projekt brachte ihn nachhaltig mit der Kunstszene in Kontakt. In der Folge plante er nicht nur weitere Häuser für Künstler und Kunstsammler, sondern stärkte auch ganz allgemein den Dialog von Architektur und Kunst. Zum einen durch das Hinzuziehen von Künstlern bei der Gestaltung von Häusern und Räumen, sei es durch dauerhafte Kunst am Bau oder auch temporäre Installationen. Zum anderen durch sein langjähriges ehrenamtliches Engagement: 1961 Berufung in den Deutschen Werkbund, dort auf Landes- und Bundesebene in führenden Positionen. Er war 28 Jahre Vorsitzender des Kölnischen Kunstvereins, und als Mitglied auch im Kunstbeirat der Stadt Köln aktiv.

Sein architektonisches Schaffen umfasst etwa 60 Wohnbauten sowie 20 Büro- und Gewerbebauten. Den Auftraggebern und Häusern blieb er auch nach der Fertigstellung eng verbunden. So setzte er sich bei der Sanierung des terrassierten Wohn- und Geschäftshauses Dr. Stoffel (Neue Weyerstraße 9, Nähe Barbarossaplatz) erfolgreich dafür ein, dass es den schon 1970 in seiner Planung vorgesehenen, silberfarbenen Anstrich bekam.

Auch sieben Bildungs- und Sportbauten finden sich in der Projektliste von Erwin H. Zander, unter anderem die im Team der Architektenkollektive Werkgruppe 7 und Bauturm entstandenen Neubauten der Hochschule für Musik und Tanz Köln (1973 bis 1977), der Gesamtschule Köln-Rodenkirchen (1972) und des Schulzentrums Niederpleis in St. Augustin (1977).

Christian Wendling
Christian Wendling
Haus OBU, Atelier- und Wohnhaus Zander, Köln-Hahnwald. Architekt: Prof. Erwin H. Zander

Seine Bauten zeichnen sich durch eine vornehme Eleganz aus, oft unter Verwendung von Ziegelmauerwerk, Sichtbeton und großflächigen Fensterflächen. In seiner Art völlig anders jedoch sein eigenes Wohnhaus OBU in Köln-Hahnwald, das er von der Fertigstellung 1987 bis zu seinem Wegzug 2011 nach Berlin bewohnt hat. Acht unterschiedlich große Kuppelschalen, als leichtes Raumtragwerk konstruiert, organisch ineinandergefügt und von der umgebenden Natur überwachsen. Wer immer ihn in seinem Haus besuchte, erhielt zunächst anhand eines selbst gebauten Modells einen Exkurs in die Entstehungsgeschichte dieses einmaligen Gebäudes. Seile in verschiedenen Längen, an einem Ring befestigt, hingen nach unten durch und bildeten so eine vernetzte, räumliche Seillinie ‚auf Zug‘. Diese Geometrie überführte er mit Holzlatten in eine Schalenkonstruktion ‚auf Druck‘, die dann mit Schalen unterschiedlicher Größe räumlich miteinander verschnitten wurden. So entstand ein außergewöhnliches, experimentelles Gebäude, das als einziges seiner Art leider nicht der Nachwelt erhalten geblieben ist.

In den Bund Deutscher Architektinnen und Architekten BDA Köln wurde er 1967 berufen, ist also über 55 Jahre lang Mitglied gewesen. Als auf Initiative des BDA Köln 2005 das Haus der Architektur Köln aus der Taufe gehoben wurde, stellte er sich als Gründungsvorsitzender zur Verfügung und machte die junge Initiative innerhalb weniger Jahre zu einer bundesweit beachteten, baukulturellen Institution. Er engagierte sich zudem ehrenamtlich in den Werkstattgesprächen des Masterplanes für die Kölner Innenstadt, dem Leitbildprozess Köln 2020, dem Aktionsbündnis Stadtbaukultur, im Moschee-Beirat und dem Beirat für Raumordnung beim Bundesbauministerium.

Wir verlieren in Erwin H. Zander einen charismatischen, hoch engagierten, aktiven Gestalter unserer gebauten Umwelt, mit großer Neugier, Begeisterung und Überzeugungskraft, angetrieben davon, etwas zu bewegen und aktiv mitzugestalten. Überall dort, wo er gewirkt hat, hat er das Berufsbild des Architekten wie auch die gesellschaftliche Verantwortung unseres Berufsstandes im besten Sinne positiv definiert.


Christian Wendling

Köln im Januar 2023